Dürre, Stürme, Überschwemmungen – Klimabäume trotzen dem Klimawandel

Der Waldabschnitt wird von einer Straße durchquert.

Der Einfluss der Klima-Erwärmung auf die heimische Baumwelt wird immer deutlicher sichtbar. Die heftigen Stürme der vergangenen Jahre haben die durch Trockenheit geschwächten Wälder teilweise großflächig zerstört. Dürreperioden durch die heißen Sommer haben unsere Bäume in Wald und Stadt vertrocknen lassen, Waldbrände nehmen stetig weiter zu. Vor allem die vergangenen zwei Jahre haben uns drastisch vor Augen geführt, wie sich Klimawandel „anfühlt“ und welcher Zusammenhang zwischen Klimawandel und Waldsterben besteht. Wie unter einem Brennglas werden jetzt jene Zustände deutlich sichtbar, die wir Menschen nicht im Einklang mit der Natur geschaffen haben. Fachleute suchen daher nach Lösungen, wie unsere Baumbestände resistenter werden können. Eine wichtige Rolle können Klimabäume dabei spielen.

Hitze und Dürre: Stress für bestehende Baumarten

„Die ursprünglichen alten Buchenwälder wurden schon Generationen vor uns gefällt und man forstete diese Flächen mit Fichten und Kiefern plantagenmäßig auf, da diese Baumarten schnell und gerade wachsen und gewinnbringend sind. Ihr Holz ist als Bauholz hoch begehrt“, sagt Susanne Fischer Rizzi, Expertin für Permakultur und Agroforst aus dem Allgäu. Doch die steigenden Temperaturen und die langen Dürreperioden setzen genau diese Bäume zunehmend unter Stress. So leiden beispielsweise Flachwurzler wie Fichten unter den zunehmenden Stürmen. Vor allem aber leiden sie unter Wassermangel, denn ihre Wurzeln reichen nicht tief genug ins Erdreich, um ans Grundwasser zu gelangen. Da der Grundwasserspiegel zudem immer weiter sinkt, verfügt die Fichte nicht mehr über genügend Wasser, um ausreichend Harz zu produzieren. Als Folge kann sie sich nicht mehr gegen Parasiten wehren.

Forschung zu Klimabäumen

Für die vielfältigen, oft schwierigen Anforderungen von Standort, Wetter und Klima haben die Bäume, die bei uns gedeihen, immer wieder Lösungen gefunden. Denn unsere Wälder sind meist resilienter, also widerstandsfähiger, als wir annehmen. Der gegenwärtig stattfindende Klimawandel stellt allerdings gegenüber natürlichen Klimaschwankungen eine völlig neue Entwicklung dar. Er findet in einem Tempo statt, das schneller ist als die Erwärmung nach der letzten Eiszeit. Das bringt viele Baumarten an ihre Grenzen und sie können sich an die neuerdings herrschenden Bedingungen nicht mehr so einfach anpassen.

Daher sind sich Forstexpertinnen und Waldbauern einig: Der Wald muss umgebaut werden – von Nadelbaum-Monokulturen in einen naturnahen Mischwald, der aus vielen verschiedenen Laub- und Nadelgewächsen – auch verschiedenen Alters – besteht. Das macht ihn klimafester und weniger anfällig gegenüber Schädlingen. Es stellt sich die Frage: Welche Arten können dem Klimawandel trotzen – nicht nur in den Wäldern, sondern auch in unseren Städten, wo Ulmen, Linden, Eschen oder Platanen ebenfalls unter den Folgen des Klimawandels leiden? Um das herauszufinden, laufen seit Jahren deutschlandweit Forschungen an unterschiedlichen Instituten und von Verbänden. Es werden sowohl heimische als auch nicht heimische Baumarten auf ihre Klimaresistenz getestet.

Altbewährte und neue Baumarten in unseren Wäldern

Entscheidend für den erfolgreichen Waldumbau und die Zukunftsfähigkeit des Waldes ist es, die richtigen Baumarten einzusetzen, die dem Klimawandel standhalten. Schaut man über Deutschland hinaus, findet man weltweit Regionen, die mit ihrem heutigen Klima unserem Klima der Zukunft entsprechen könnten. Dort vorkommende Baumarten wären auf den ersten Blick gute Alternativen, um die heimische Palette zu ergänzen. Allerdings ist die Auswahl nicht so einfach, wie sie scheint. Denn nicht alle Arten, die mit warmen und trockenen Sommern gut zurechtkommen, vertragen gleichzeitig kalte Winter mit Frostperioden.

Die Bäume wachsen in einer trockenen Region, weshalb sie sich in unseren Wäldern als Klimabäume eignen könnten.
Nicht alle Bäume aus wärmeren Regionen eignen sich auch als Klimabaum für unsere Wälder.

Daher setzt man beim Umbau der Wälder beispielsweise in Bayerischen Staatsforsten vor allem auf bewährte Baumarten wie Stiel- und Traubeneiche, Tanne, Douglasie und Buche. Dazu kommen aber auch seltenere, bisher nur in geringerem Umfang gepflanzte Arten wie Flatterulme, Esskastanie, Kirsche, Eibe, Feldahorn und Sommer- beziehungsweise Winterlinde. Einige Baumarten, die früher unbeachtet blieben und sogar als Unkraut im Wald betrachtet wurden, haben sich heute als nützlich und klimatauglich herausgestellt. Dazu zählen zum Beispiel die Eberesche oder die Birke.

Exoten für den Wald der Zukunft

Darüber hinaus wird der Blick auf alternative Klimabäume aus anderen Ländern gerichtet. Auf Versuchsflächen an unterschiedlichen Standorten in Deutschland, Österreich und der Schweiz werden Gastbaumarten beispielsweise aus dem südlichen Europa, den USA oder aus Japan getestet. Dazu zählen beispielsweise Türkische Tanne, Orientbuche, Libanon-Zeder, Silberlinde, Baumhasel, Schwarzkiefer und Riesen-Lebensbaum. Wir stellen die neuen Klimabäume kurz vor:

  • Türkische Tanne: Die Türkische Tanne wächst in den Wäldern der Türkei auf über 2.000 Metern. Sie ist äußerst trockentolerant, verträgt Fröste bis minus 20 °C und ihre starken Äste halten auch starken Schneefall aus. Die letzten Hitzesommer hat der Klimabaum gut überstanden.
  • Orientbuche: Die Orientbuche mit ihrem üppigen Blattwerk im Sommer und der wunderschönen gelblichen Laubfärbung im Herbst ist mit unserer Rotbuche verwandt. Sie zeigt sich aber klimaresistenter als ihre heimische Art.
  • Libanon-Zeder: Die Libanon-Zeder gehört mit einem Lebensalter von mehr als 1.000 Jahren zu den ältesten Bäumen der Erde. Sie verträgt strenge Dürreperioden und extreme Hitze und ist mit ihrer dicken Borke gut gegen Umwelt- oder Witterungseinflüsse geschützt. Ihr Holz wurde bereits im alten Ägypten zum Tempel- und Schiffsbau genutzt.
  • Silberlinde: Die schnell wachsende Silberlinde mit ihren schillernden Blättern, die erst spät im Juli blüht, ist eine gute Nahrungsquelle für Bienen und Hummeln. Der Baum verträgt Trockenheit und Hitze und toleriert auch Luftverunreinigungen.
  • Baumhasel: Die Baumhasel kennt man hierzulande bislang vor allem als Stadtbaum. Aufgrund ihrer Eigenschaft, Dürreperioden wie Überschwemmungen zu überstehen und Frost bis minus 38 °C auszuhalten, gewinnt sie auch als Waldbaum zunehmend an Bedeutung. Ihr wertvolles Holz eignet sich hervorragend für den Möbelbau, ihre kleinen Früchte sind sehr wohlschmeckend.
  • Schwarzkiefer: Die immergrüne Schwarzkiefer mit ihren hellbraunen, glänzenden Zapfen ist äußerst frosthart und erträgt Hitze genauso wie Trockenperioden. Aufgrund ihrer Salztoleranz eignet sie sich gut für Wälder im Küstenbereich.
  • Riesen-Lebensbaum: Der imposante Riesen-Lebensbaum, auch Riesen-Thuja genannt, stammt aus den USA und wächst vor allem im Nordwesten entlang der Pazifikküste. In seinem Heimatland ist er extreme Temperaturen und stark schwankende Niederschläge gewohnt und daher als Klimabaum hervorragend geeignet. Sein Nadelstreu säuert den Boden nicht ab, wie das sonst bei Nadelgehölzen der Fall ist, sondern verbessert sogar die Bodenqualität.

Auch die Stadtbäume leiden unter dem Klimawandel

Der regenarme Sommer hat nicht nur unsere Wälder mitgenommen. Für viele Bäume in unseren Städten bedeuten lange Dürreperioden und große Hitze enormen Stress. Denn ihre Wurzeln haben wesentlich weniger Platz als im Wald, um sich auszubreiten und so genügend Wasser aufzunehmen. „Gleichzeitig ist die Sonneneinstrahlung viel stärker, da die Stadtbäume ja oft allein am Straßenrand stehen und die Schatten spendende Wirkung eines Waldes hier nicht vorkommt“, so Fischer-Rizzi. Je stärker ein Baum von allen Seiten Sonne abbekommt, desto mehr Wasser verliert er. Ist Ihnen im letzten Sommer aufgefallen, dass plötzlich eine Vielzahl an grünen, jungen Bäumen ihre Blätter noch weit vor dem Herbst abgeworfen haben? Unsere altbekannten Stadtbäume wie Linde, Platane, Kastanie und Ahorn leiden unter Klimastress und kämpfen ums Überleben.

An den Rändern der Straße wachsen Bäume, in der Mitte der Straße fährt eine Straßenbahn.
In Städten leiden Bäume besonders unter den wärmeren Temperaturen.

Aus dem Waldzustandsbericht Hessen geht hervor, dass im Frankfurter Stadtwald 98,9 Prozent der Bäume krank oder geschädigt waren. Verschärft wird die aktuelle Situation durch die Tatsache, dass die Artenvielfalt begrenzt ist. In Dresden decken etwa sechs bis zehn Baumarten 80 Prozent aller Straßenbäume ab. In München sind es sogar nur drei bis vier Baumarten, die das Stadtbild prägen.

Neue Klimabäume für unsere Städte

Um das eingeschränkte Repertoire zu erweitern, werden deutschlandweit Versuche mit neuen, klimafesten Stadtbäumen unternommen. Wir stellen eine Auswahl der getesteten Klimabäume vor:

  • Schwarznuss: Die Schwarznuss, die an der Ostküste Amerikas beheimatet ist, rückt in Europa als zukünftiger Klimabaum immer stärker ins Blickfeld. In den USA findet man diesen mächtigen Baum überwiegend in Laubmischwäldern zusammen mit Ahorn. Seine Nüsse dienten der indigenen Bevölkerung als wertvolle Proteinquelle und zu naturheilkundlichen Zwecken. Heute gewinnt der Nüsse tragende Baum gerade für essbare Wälder (Agroforst) sowie für essbare Stadtgärten wieder an Bedeutung. Die Schwarznuss ist frosthart und kann Temperaturen bis minus 40 °C trotzen. Sie ist zudem hitzeverträglich und stadtklimafest.
  • Kobushi-Magnolie: Die zart aussehende Kobushi-Magnolie mit ihren schneeweißen, herrlich duftenden Blüten ist ursprünglich in den Gebirgsregionen Japans und Koreas beheimatet. Der Baum ist sowohl hitze- als auch extrem kälteresistent und hält Temperaturen bis minus 34 °C aus. Zudem ist er unempfindlich gegenüber Autoabgasen.
  • Dreizahn-Ahorn: Auch der Dreizahn-Ahorn stammt aus den japanischen Bergwäldern und zeigt sich extrem hitzetauglich. Mit seinem wunderschönen gelbroten Herbstlaub bringt er Farbe in die Stadt.
  • Ein weiterer Blickfang für triste Städte ist die Blumen-Esche, die sich als frosthart, hitze- und trockenheitstauglich erwiesen hat. Ihre hübschen weißen Blüten dienen den Bienen und Hummeln im Mai als Nahrungsquelle.
  • Zürgelbaum: Der Zürgelbaum mit seiner ausladenden Krone ist der perfekte Schattenspender am Straßenrand oder im Stadtpark. Den aus Südeuropa stammenden Baum sieht man in seinen Heimatländern wie der Türkei, in Süditalien oder Portugal oft in der Nähe von Cafés oder Restaurants als natürlichen Sonnenschutz. Seine Blüten dienen den Insekten im Sommer als Nahrungsquelle. Im Winter liefern seine Früchte den Vögeln wertvolles Futter. Der Zürgelbaum ist absolut anspruchslos und gedeiht auf trockenen, sandigen Böden. Seine Wurzeln sind so kräftig, dass er selbst auf steinigen Böden oder geteerten Flächen (beispielsweise in Industriegebieten) wächst. Zudem ist er ein guter Luftreiniger, da er den Feinstaub aus der belasteten Stadtluft filtern kann.

Klimabäume, Sukkulenten und Co.: Was Sie persönlich tun können

„Neben den großen Aufforstungsinitiativen sind es kleine, grüne Plätze, die ebenfalls zur Rettung der Artenvielfalt, der Biodiversität, des Klimaschutzes sowie zum Erhalt unserer Bäume beitragen können“, so Susanne Fischer-Rizzi. Auch in kleinen Gärten können wir Klimabäume pflanzen oder Sukkulenten und klassische Steingartenstauden wie Polster-Glockenblume, Fetthenne und Mauerpfeffer, die gut mit Trockenheit und Sonne zurechtkommen. Wer keinen eigenen Garten hat, kann als Baumpate oder -patin dafür sorgen, dass in seiner Stadt neue Klimabäume gepflanzt werden. Informationen hierzu findet man meist in den Stadtportalen.

Die Fetthenne hat pinke, kleine Blüten.
Der Fetthenne macht Trockenheit nichts aus.

Lektüretipps zum Thema Klimabäume

  • Klimabäume für die Stadtbepflanzung werden in der aktuellen Broschüre „Zukunftsbäume für die Stadt“ vorgestellt, die gemeinsam von der Deutschen Gartenamtsleiterkonferenz (GALK) und dem Bund deutscher Baumschulen (BdB) herausgegeben wird. Sie steht im GALK-Portal zum Download und als E-Book zur Verfügung und kann über die GALK-Geschäftsstelle oder den BdB auch als Druckversion bestellt werden.
  • Zum Weiterlesen: Bäume der Hoffnung. Baum und Mensch im Klimawandel von Susanne Fischer-Rizzi, erschienen 2022 im AT Verlag.

 

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